Die Elf-Städte-Tour (auf niederländisch „Elfstedentocht“) ist ein Eisschnelllauf/Langstreckenrennen in Friesland östlich vom IJsselmeer. Das Rennen findet nur statt, wenn die Kanäle komplett zugefroren sind (zuletzt 1997). Wer die 200km an einem Tag meistert, bekommt eine Medaille („Alvestedekrus“) als Auszeichnung. Zum Beweis muss in allen elf Städten ein Stempel geholt werden.
Ich wollte dieser Tour nun mit dem Kajak paddeln. Leider hatte ich nur eine Woche Zeit. So musste ich die Tour etwas kürzen, wollte aber trotzdem alle elf Städte besuchen und alle elf Stempel ergattern. Deswegen startete ich in Dokkum und paddelte zunächst nach Leeuwarden. Hier fuhr ich dann auf dem großen Kanal über Franeker nach Harlingen. Ab Harlingen paddelte ich dann weiter auf der offiziellen Route und beendete meine Tour in Sneek. Ein GPS-Gerät ist empfehlenswert, um immer den richtigen Abzweigungen zu folgen (GPS-Track der offiziellen Route bei gpsies.com: Elfstedentocht). Übernachtet habe ich in Hotels und Pensionen (eine Camping-Tour ist hier aber auch möglich).
29.8.2015 Anreise nach Dokkum
Mit der Bahn dauerte es trotz nur ca. 300km Luftlinie doch über 6 Stunden nach Leeuwarden (Remagen-Köln, Köln-Utrecht, Utrecht-Leeuwarden). Dokkum erreicht man nur per Bus (nochmal 30min). Deswegen kam für mich am Anreisetag kein Paddeln mehr in Frage. Dafür drehte ich noch eine kleine Runde durch den Ort. Hier wurden gerade die Admiralstage gefeiert. Eine Männerchor sang die „Kleine Kneipe in unserer Straße“ (in der holländischen Version). Dazu gab es Poffertjes in einem kleinen Café auf dem Marktplatz. Eine tolle Einstimmung auf die kommende Woche.
In Friesland findet man fast überall Zugbrücken. Bei den meisten wird eine kleine Gebühr verlangt (3-5 Euro). Mit dem Kajak passte ich aber immer unten durch.
Unterhalb der Windmühle spielte der Kapitän des Segelschiffs auf seinem Akkordeon. Ein schöner Ort zum Verweilen. Zum Abendessen ging es in die Pizzeria, da die Restaurants ansonsten überteuert waren (nicht nur in Dokkum sondern in ganz Friesland). Für ein Abendessen, was bei uns 12-13 Euro kostet, zahlt man hier mindestens 20 Euro.
30.08.2015: Dokkum nach Leeuwarden (30km)
Am nächsten Morgen startete ich gegenüber vom Museum zu meiner ersten Tour. Hier kommt man optimal ans Wasser. Solche Bootsrampen waren auf dem Rest der Tour sehr selten. Ich paddelte auf der offiziellen Route nach Leeuwarden.
Schließlich erreichte ich Leeuwarden. Hier gab es den besten Ausstiegspunkt der ganzen Tour. Rechts unter der Brücke kurz vor dem Zentrum (siehe Foto unterhalb) konnte ich das Kajak bequem aus dem Wasser ziehen und hatte beim Abbauen sogar ein Dach über dem Kopf. An diesem Tag war der Regenschutz zum Glück nicht nötig, aber ansonsten ist Abbauen im Regen wirklich die Höchststrafe.
Das Gebäude der Achmea-Versicherung prägt die Skyline von Leeuwarden. Im Erdgeschoss befindet sich die Touristeninformation, wo ich auf der Hinfahrt die Stempelkarte gekauft habe.
Einen schiefen Turm findet man nicht nur in der Toskana. Der Oldehove ist der schiefe Turm von Friesland. Auf dem Dach befindet sich eine Aussichtsplattform, die einen Rundblick über Leeuwarden bietet. Beim Aufstieg kam ich am Glockenraum vorbei, wo gerade ein DJ auflegte und die alten Gemäuer beschallte. Ich war nämlich zufällig zum Kulturfest in Leeuwarden (für das Jahr 2018 wurde Leeuwarden sogar zur Kulturhauptstadt Europas gewählt). Auf dem Platz vor dem Oldehove und dem angrenzenden Park traten viele Künstler auf. So konnte ich den Tag mit Live-Konzerten von diversen Bands ausklingen lassen.
31.08.2015: Leeuwarden-Harlingen (36km)
Am nächsten Morgen regnete es in Strömen. Jetzt bewährte sich der gute Aufbau- und Einstiegsplatz. Heute sollte es in Richtung IJsselmeer gehen. In Leeuwarden waren die Kanäle gut ausgeschildert. Hier hätte ich kein GPS gebraucht. Ich verließ den offiziellen Verlauf der Elf-Städte-Tour und fuhr auf dem großen Kanal zum Meer. Hier herrschte auch relativ viel Verkehr. Die reflektierenden Querwellen zerrten irgendwann an meinen Kräften (und der Motivation). Als ein langsames Containerschiff neben mir von einem etwas schnelleren Containerschiff überholt wurde und dann noch zwei Sportboote zeitgleich daneben überholten mussten (keine 10m von mir weg), war die nächsten Minuten ein Kampf mit dem Wellengang angesagt.
Schließlich erreichte ich die Universitätsstadt Franeker. Ich war froh, den – im Vergleich zu den kleinen Kanälen – langweilen großen Kanal zu verlassen und ab jetzt wieder dem offiziellen Verlauf der Elf-Städte-Tour zu folgen. Direkt hinter der Ortseinfahrt fand ich ein nettes Restaurant für die Mittagspause. Leider war der Anleger nicht gerade paddlerfreundlich (einfach zu hoch) und ich musste gegenüber parken. Es gab ein leckeres Lachsbrötchen und ich konnte den Stempel für Franeker ergattern. Frisch gestärkt paddelte anschließend weiter durch den Ort.
Die kleinen Kanäle in Franeker waren die reinste Erholung von der Tour morgens. Leider wuchsen die Kanäle immer mehr zu und es waren keine anderen Boote mehr zu sehen. In Franeker musste ich einmal umtragen. Schließlich war der Kanal immer mehr mit Seerosen bewachsen und mein Paddel verfing sich im Schmodder. Ich kam erneut an eine Stelle, wo ich hätte umtragen müssen. Ein netter Holländer erklärte mir, dass ich dort ziemlich weit umtragen muss und auch später noch weitere Stellen kommen. Hier machte es für mich keine Sinn mehr, auf dieser Strecke weiterzufahren. Ich entschied mich, wieder zum großen Kanal zurückzupaddeln und dann dem Kanal nach Harlingen zu folgen.
Durch den Umweg in Franeker fuhr ich an diesem Tag die meisten Kilometer der Tour. Es blieb auch den ganzen Tag wechselhaft. Ich war ziemlich erschöpft, als ich endlich Harlingen erreichte. Zum Glück gab es hier eine gute Anlegestelle im Zentrum, wo normalerweise Touristenboote anlegen (bei dem Schmuddel-Wetter war dort aber niemand). Nur ein Dach über dem Kopf wäre noch schön gewesen, da es beim Abbauen leicht nieselte. Die Unterkunft war zum Glück nur 100m vom Anleger entfernt (wie eigentlich immer auf dieser Tour). Die heiße Dusche weckte dann wieder meine Lebensgeister. Ich erkundete den Ort noch etwas und fand einen netten Fischimbiss mit moderaten Preisen. An diesem Tag konnte ich besonders gut schlafen.
01.09.2015: Harlingen -Bolsward – Workum (34km)
Ab Harlingen folgte ich nun bis zum Schluss dem offiziellen Verlauf der Elf-Städte-Tour und musste auch bis auf eine Ausnahme nicht mehr umtragen. Das Wetter blieb wechselhaft.
Gegen Mittag erreichte ich Bolsward. Die Stadt ist bekannt für ihr schönes altes Rathaus (Stadhuis). Leider konnte ich kein Restaurant mit Anleger für die Mittagspause finden. Die Touristeninformation befand sich zum Glück direkt neben dem Stadhuis, wo ich mein Boot am Anleger festmachen konnte. Somit konnte ich mir auch den Stempel für Bolsward sichern.
Schließlich erreichte ich Workum. Hier wanderte ich noch am Deich entlang zum IJsselmeer. Die Restaurants waren wieder alle überteuert, so dass es wieder nur Pommes mit Frikandel gab.
02.09.2015: Workum – Stavoren (21km)
Das Wetter wurde etwas besser. Es ging weiter durch die Schilflandschaft und teilweise direkt am Deich entlang. Der Wind raschelte im Schilf, einsame kleine Kanäle, Pferde und Schafe am Ufer, Entspannung pur.
Gegen Mittag erreichte ich die kleine Stadt Hindeloopen, die direkt am IJsselmeer liegt. Ich fand ein nettes Restaurant mit perfektem Anleger für die Mittagspause und stärkte mich mit hausgemachten Eierpfannkuchen für die restliche Tour.
Auf meiner Fahrt am Deich entlang wartete noch eine Kuriosität. Eine Brücke war komplett mit Schilf zugewachsen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass das natürlich so gewachsen ist. Vielleicht wollte man hier auch ein Hindernis schaffen (warum auch immer). Ich habe versucht, ganz rechts mit etwas Schwung durchzukommen, aber ich blieb stecken. So musste ich hier tatsächlich kurz aussteigen. Bei der nächsten Tour sollte also eine Machete zur Ausrüstung gehören.
Ich erreichte Stavoren am frühen Nachmittag. Der Anleger am Innenhafen war schon relativ hoch, es ging aber gerade noch. Ich schaute mir anschließend den Hafen an und bewunderte die bunten Häuser, die mich an die Krabbenhäuser auf Helgoland erinnerten. Weiter ging es am Deich entlang. In Stavoren gibt es sogar einen Supermarkt mit eigenem Anleger (Drive-In). Am Abend gönnte ich mir mal was und kehrte in einem hoch gelobten schottischen Restaurant ein.
03.09.2015: Stavoren – Sloten (26km)
Am nächsten Morgen regnete es in Strömen. Da der Anleger nicht überdacht war, hatte ich keine Möglichkeit mein Boot aufzubauen und musste warten. Erst gegen 11 Uhr kam die Sonne raus und ich konnte in Richtung Sloten aufbrechen. Ich paddelte durch mehrere große Seen und traf viele Segelschiffe. Mit einem Segelschiff mit einer lustigen Besatzung fuhr ich ein kleines Wettrennen. An Brücken musste das große Schiff immer warten und ich wurde jubelnd begrüßt, wenn ich das Schiff wieder eingeholt hatte.
Später kreuzte ein Stand-Up-Paddling-Rennen meinen Weg. Die Paddler waren von Sloten nach Leeuwarden unterwegs (ca. 40km). Das ist schon eine beeindruckende sportliche Leistung, zumal das Wetter am restlichen Tag wieder richtig schlecht wurde (starker Regen, Wind).
Vom offenen See paddelte ich schließlich auf einem kleinen Kanal bei strömendem Regen durch den Wald. Später erreichte ich dann das Slotermeer und die Sonne brach wieder durch die Wolken. Ich kreuzte das Slotermeer, traf wieder auf viele Segelschiffe und erreichte Sloten (die kleinste Stadt Europas). Im kleinen Kanal durch die Stadt fand ein Stand-Up-Paddling-Rennen von Kindern statt.
04.09.2015: Sloten – Sneek (22km)
Am letzten Tag meiner Tour startete ich bei leichtem Nieselregen. Ich fuhr auf das Slotermeer und konnte einen schönen Regenbogen bewundern. Auf dem Slotermeer wechselte das Wetter zu Starkregen und böigem Wind. Ich musste sehr kämpfen, um mein Kajak bei den hohen seitlichen Wellen noch einigermaßen in Spur zu halten. Es wurde immer schlimmer und ich kam kaum mehr voran. Ich fuhr soweit wie möglich am Ufer, um mich im Fall einer Kenterung noch retten zu können. Der Kampf dauerte bestimmt 30min, bis ich endlich vom Slotermeer runterkam und Woudsend erreichte. Jetzt weiß ich, dass man flache Seen bei Unwetter nicht unterschätzen darf. Ich war total erschöpft und musste erstmal eine kleine Pause machen.
Die Regenpause hielt nur kurz an. Als ich Woudsend verließ, setzte der Regen wieder ein. Ich erreichte das Waterport in Sneek – das Ziel meiner Tour – nach stundenlanger Fahrt im strömendem Regen. Ich war total durchnässt. Auch mein Boot musste ich im Regen abbauen (bin durch die ganze Stadt gefahren, habe aber keine bessere Stelle gefunden). Beim Abbauen zitterte ich vor Kälte. Im Hotel konnte ich mich wieder aufwärmen, bekam die Kälte aber den ganzen Tag nicht mehr aus den Knochen. Ich drehte am Abend noch eine kleine Runde durch die Stadt und holte mir den letzten Stempel der Tour. Alle friesischen Städte hatte ich nun abgepaddelt. Das Wetter hätte natürlich besser sein können. Aber landschaftlich war es eine super schöne Tour! Außerdem haben die kleinen Städte ein schönes uriges Flair. Am nächsten Morgen ging es mit dem Zug zurück.
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