Ich paddelte auf der Elbe in elf Tagen von Decin in Tschechien bis nach Magdeburg und legte dabei eine Strecke von 336km zurück.
Am Freitag den 29.05.2015 stieg ich gegen 22:00 Uhr in Köln in den Nachtzug in Richtung Tschechien. Ich hatte einen Schlafwagen reserviert und erreichte so meinen Startpunkt Decin (ausgeschlafen!) gegen 8:00 Uhr am nächsten Tag. Decin hatte ich als Startpunkt gewählt, da sich kurz vor Decin eine Staustufe befindet. Ab Decin hat man fast 600km freie Fahrt bis zur Staustufe Geesthacht kurz vor Hamburg.
Vom Bahnhof waren es noch ca. 500m zur Elbe, wo ich mein Kajak aufbaute und das Gepäck verstaute. Leider fing es während des Aufbaus an zu regnen (habe leider nie das Glück trocken zu starten/genau wie an der Mosel damals). So startete ich auf der Höhe von Schloss Decin beim tschechischen Elbkilometer 741.
Ich paddelte an Wäldern und ersten schönen Felsformationen vorbei und erreichte nach 11km die deutsch/tschechische Grenze bei Schöna (tschechischer Elbkilometer 730, deutscher Elbkilometer 0). Der Gelobtbach (als natürliche Grenze zwischen den Ländern) mündet hier in die Elbe. An Land gibt es noch einen schönen Grenzpfahl. Ansonsten hatte ich dank des Schengener-Abkommens freie Fahrt. Früher musste man hier noch aussteigen.
Als nächstes paddelte ich an Königstein vorbei. Leider sieht man von der Elbe aus nur einen kleinen Teil der Festungsanlage. Von dort oben soll man einen tollen Ausblick haben (hat bei mir leider zeitlich nicht zu einer Besichtigung gereicht/das nächste Mal würde ich hier einen Tag mehr einplanen). Nachdem ich Königstein hinter mir gelassen hatte, konnte ich schon die ersten Felsformationen der Bastei bei Rathen sehen.
In Rathen passierte ich die erste Gierfähre. Fähren werden auf der Elbe immer rechtzeitig durch Schilder angekündigt. Normale Fähren sind als Boot auf blauem Schild und Gierfähren als unterstrichenes Boot auf blauem Schild ausgewiesen. Bei den Gierfähren muss man etwas aufpassen. Das Schild steht auf der Seite, wo sich die Ruheposition des Schiffes befindet. Man passiert die Fähre auf der gegenüberliegenden Seite und zwar am besten dann, wenn diese gerade in Richtung Ruheposition ablegt. Die Gierfähre bewegt sich (fast) nur durch die Flussströmung. Dazu werden Seile unterhalb der Wasseroberfläche gespannt (auch markiert durch Bojen). Wenn sich die Gierfähre gerade auf der falschen Seite befindet, verlaufen die Seile (und Bojen) über den kompletten Fluss. Eine Überquerung ist nicht möglich (bzw. sehr gefährlich).
Ab Rathen folgte der wohl schönste Teil des Elbsandsteingebirges. Hier kam ich aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Spektakulär! Nach einigen Kilometern folgte dann mein Tagesziel Stadt Wehlen. Hier konnte ich problemlos am Ufer anlegen, mein Boot abbauen und auf das Hotelzimmer schaffen.
Nach einer kleinen Ruhepause wanderte ich über die Bastei nach Rathen, setzte mit der Gierfähre über und wanderte über den Rauenstein zurück nach Wehlen. Die Bastei glänzte mit beeindruckenden Sandsteinformationen und einem tollen Panoramablick bis zur Festung Königstein. Natürlich ist dieser Bereich auch touristisch komplett erschlossen und es war ziemlich viel los. Der einsame Rückweg über den Höhenweg am linken Elbufer hat mir mindestens genau so gut gefallen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, nahe am Abhang zu stehen und unter einem die weiten Wälder und in der Ferne die Festung Königstein. Hier hätte ich am liebsten gerufen: „Ich bin der König der Sächsischen Schweiz!“ (frei nach Leonardo diCaprio an der Reling der Titanic).
Am Sonntag paddelte ich von Wehlen nach Dresden. Am siebten Tag sollst du ruhen. Dementsprechend viel war auf dem Wasser und am Ufer los. Die Schlauchbootverleihe hatten Hochkonjunktur, viele Fahrradfahrer waren auf dem Elbradweg unterwegs und die Bewegungsmuffel tummelten sich auf den Dampferschiffen. Zunächst folgte Pirna mit Schloss Sonnenstein und anschließend das im chinesischen Stil errichtete Schloss Pillnitz.
Dresden empfing mich mit seinem schicken Villenviertel an der linken Elbseite. Es folgte das „Blaue Wunder“ mit einem Biergarten am rechten Ufer. In Dresden war das Terassenufer gegenüber der Sächsischen Staatskanzlei ideal zum Anlegen und Abbauen.
Den restlichen Sonntag und den Montag verbrachte ich mit Sightseeing in Dresden. Am Sonntag schaute ich mir den Freischütz von Carl Maria von Weber in der Semperoper an. Dieses Stück entstand in Dresden und spielt auch in einer Gegend ähnlich dem Elbsandsteingebirge. Für die Semperoper hatte ich mir extra einen Satz vernünftige Klamotten mitgenommen. Diese ehrwürdigen Hallen mit stinkiger Paddelkleidung zu betreten, wäre doch etwas unangemessen. Dies war übrigens mein erster Opernbesuch (wenn nicht in Dresden, wann dann…). Ich war sehr beeindruckt und konnte dem Stück auch überraschend gut folgen. Bei der Einführung vor Beginn hieß es, dass ja jeder die Handlung noch aus der Schule kenne, aber das stand bei mir wohl leider nicht auf dem Lehrplan. Ich hatte von diesem Stück vorher noch nie gehört. Diese Bildungslücke ist jetzt zum Glück geschlossen. Nach der Vorstellung war die Nacht in Dresden angebrochen und der Theaterplatz erstrahlte in einem ganz anderen Licht. Ein Straßenkünstler ließ den musikalischen und noch lauwarmen Sommerabend nicht enden und ich erkundete Dresden bei Nacht (mit dem Jägerchor im Ohr). Was für ein Abend…! Oder um es mit den Worten von Carl Maria von Weber zu sagen: „Mit Hilfe der göttlichen Tonkunst lässt sich mehr ausdrücken und ausrichten als mit Worten“.
Ich besichtigte den Zwinger direkt neben der Semperoper und nahm an einer Orgelandacht mit anschließender zentralen Kirchenführung in der Frauenkirche teil. Am Theaterplatz beeindruckte mich noch die katholische Hofkirche und dahinter das Residenzschloss mit dem Fürstenzug. Dresden bot einen wahren Kulturrausch.
Am Dienstag konnte ich bei der Abfahrt nochmal den Blick auf die Dresdener Altstadt vom Wasser aus genießen. Anschließend folgte mit der alten Zigarettenfabrik Yenidze noch ein architektonisches Highlight von Dresden. Ich paddelte an diesem Tag bis nach Meißen.
Das Elbufer wurde schnell hinter Dresden wieder grüner. Wiesen, Felder und Weinreben grenzten an den Fluss. Schließlich befand ich mich hier mitten auf der Sächsischen Weinstraße.
Am Sandstrand oben konnte ich gut anlegen und abbauen. Der Kanuverein befindet sich auf der rechten Elbseite (hier wird das Oberelbe-Wanderabzeichen verliehen/siehe weiter unten). Außerdem startet hier alljährlich der Meißen-Magdeburger-Mammut-Marathon, bei dem die Strecke von Meißen nach Magdeburg in zwei Tagen zurückgelegt werden muss (243km). Ich bummelte durch die Altstadt von Meißen und besichtigte anschließend den Dom. Der Eintritt zur Albrechtsburg war mir zu teuer. Vom Burgplatz hatte ich eine schöne Aussicht über die Stadt. Für eine Besichtigung der Porzellanmanufaktur war ich leider zu spät.
Am Mittwoch startete ich am Fuße der Albrechtsburg, ließ die sächsische Weinstraße hinter mir, paddelte an der Industriestadt Riesa (Muskator-Werke) vorbei und erreichte nach 46km schließlich den kleinen Ort Mühlberg in Brandenburg. Die Sonne brannte den ganzen Tag gnadenlos vom Himmel. Dazu wurde der Gegenwind immer heftiger und erreichte auf den letzten 10km fast 30km/h. Dies war das einzige anstrengende Teilstück, ansonsten waren die Touren gemütlich ausgelegt (ca. 30km/4 Stunden pro Tag auf dem Wasser). Gegenwind hatte ich aber fast immer.
Ich passierte Diesbar-Seußlitz und hatte somit die Bedingungen für das Meißner Oberelbe-Wanderabzeichen erfüllt. Die Urkunde wurde mir netterweise nach Hause geschickt. Dazu gehört noch eine schöne Medaille aus Meißner-Porzellan. Ein tolles Andenken! Vielen Dank an die Paddelfreunde aus Meißen.
Bei Elbkilometer 121 wartete eine Kuriosität. Hier befinden wir uns nahe der Grenze der ehemaligen Königreiche Preußen und Sachsen. Da die Vermessung der Elbe damals von beiden Königreichen getrennt vorgenommen wurde, war später ein Kilometer zu viel. Deswegen wurde der Kilometer 121 A eingeführt. Ich paddelte also 2km um von Kilometer 121 zu 122 zu gelangen.
Am Donnerstag paddelte ich von Mühlberg nach Torgau. In Torgau besichtigte ich Schloss Hartenfels und hatte eine tolle Aussicht vom Schlossturm. Der Burggraben wird von Bären bewacht. Die Altstadt mit dem Marktplatz war auch sehr sehenswert.
Am Freitag paddelte ich von Torgau nach Pretzsch und schaute mir dort das Schloss und den Schlosspark an (wird als Kinderheim genutzt). Außerdem kam ich noch am Geburtshaus von Friedrich Wieck (Vater von Clara Schuhmann) vorbei. Ansonsten ist es eher ein beschaulicher Ort (Zwischenstation auf dem Weg nach Wittenberg).
Am Samstag paddelte ich von Pretzsch nach Wittenberg. Einen kleinen Schauer habe ich abbekommen, ansonsten war es aber den ganzen Tag sehr heiß. Ich fuhr in den Hafen hinein und baute dort mein Boot ab. In Wittenberg schlug Martin Luther seine 95 Thesen an das Tor der Schlosskirche und leitete damit die Reformation ein. Die Schlosskirche war leider eine Baustelle und fast komplett eingehüllt. Auch eine Besichtigung war nicht möglich. Dafür konnte ich mir die Stadtkirche anschauen. Diese Kirche gilt als Mutterkirche der Reformation. Hier hielt Martin Luther die Heilige Messe erstmalig in deutscher Sprache ab. Auf dem Marktplatz befindet sich ein Denkmal zu seinen Ehren. Daneben gibt es in Wittenberg noch ein Gymnasium in Hundertwasser-Architektur. Dies erfuhr ich aber leider erst einige Tage später.
Am Sonntag paddelte ich von Wittenberg nach Dessau. Dies war mit 49km die längste Tour. Zum Glück hatte es aber abgekühlt und war den ganzen Tag bewölkt. Im Vergleich zu der schwülen Hitze der Vortage war das Paddeln (trotz der langen Strecke) die reinste Erholung. Ich musste wieder eine Gierfähre passieren und paddelte an Schloss Coswig vorbei. Kurz vor dem Dessauer Hafen konnte ich anlegen und mein Boot abbauen. Mein Hotel lag direkt gegenüber den Meisterhäusern von Bauhaus-Begründer Walter Gropius. Das Bauhausmuseum war auch direkt um die Ecke. Also war dieser Tag der Architektur gewidmet. Ich kam sogar überall umsonst hinein. Das Anhaltische Theater war auch noch sehenswert und im Kornhaus (ein Restaurant in der Nähe des Hafens) genoss ich am Abend das Essen und den tollen Blick auf die Elbe.
500m nach Elbkilometer 250 folgt bereits Elbkilometer 252. Hier wurde der Verlauf der Elbe geändert (Verkürzung um 1,5km). Die Farben des Schildes sind im Vergleich zu den üblichen Schildern invertiert (weiße Schrift auf schwarzem Schild).
Am Montag paddelte ich von Dessau nach Barby. Hier mündet die Saale in die Elbe. Auf einem kleinen Rundgang kam ich am Schloss und an der Marienkirche vorbei. Ansonsten ist Barby eher ein beschaulicher Ort (Zwischenstation auf dem Weg nach Magdeburg).
Am Dienstag paddelte ich von Barby nach Magdeburg. Zunächst folgte Schönebeck mit der Elbauenbrücke. Dann begegnete ich einem Wassersportfreund mit einem selbstgebauten „Tretboot“, der auch schon in Tschechien gestartet ist und sogar noch weiter bis nach Hamburg will. Das Boot war toll konstruiert. Es soll nur etwas windanfällig sein. Mein Ziel näherte sich nun immer mehr. Es waren tolle Tage mit sehr, sehr vielen Eindrücken (gegen Ende war ich allerdings dann etwas gesättigt). Der Wasserstand war sehr niedrig und der Gegenwind ist wohl typisch für die Elbe. Deswegen war ich nicht ganz so schnell wie auf dem Rhein unterwegs, erreichte aber trotzdem oft gute 9-10 km/h. Der Wasserstand hatte den Vorteil, dass am Elbufer fast überall Sandstrand war (optimal für kleine Pausen). Die Temperaturen waren mit bis zu 30° eigentlich zu heiß für so eine Tour. Ich will aber nicht meckern, dafür hatte ich kaum Regen. Der Magdeburger Dom war schließlich schon von weitem sichtbar. Ich passierte noch zwei Brücken und legte dann etwa auf Höhe des Doms an einer Sandbank neben den großen Uferstufen an. Ich besichtigte anschließend den Dom. Die Turmbesteigung ist leider immer nur freitags möglich. Zuletzt schaute ich mir noch die Grüne Zitadelle an und somit mischte sich (nach der verpassten Chance in Wittenberg) doch noch etwas Hundertwasser in das Elbwasser. Am nächsten Tag ging es mit dem Zug zurück. Auf Wiedersehen Elbe!
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